23. Januar 2018

WEF 2018: Zum Auftakt deutliche Warnrufe inmitten rosiger Stimmung

Selten ist ein NGO-Report auf solche Resonanz gestoßen wie der alljährliche Oxfam-Bericht zur globalen Ungleichheit. Aus dem diesmal wieder zum World Economic Forum (WEF) in Davos vorgelegten Bericht (>>> Reward Work, not Wealth) geht hervor, das das reichste Prozent der Weltbevölkerung im letzten Jahr 82% des erwirtschafteten Vermögens eingestrichen hat. Die 3,7 Milliarden Menschen, die die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, haben dagegen überhaupt nicht vom Vermögenswachstum profitiert. Oxfam fordert, die Steuervermeidung von Konzernen und Superreichen zu stoppen, faire Einkommen für Frauen und Männer durchzusetzen und in Bildung und Gesundheit für alle zu investieren.


Es ist ein Bericht der Rekorde: Zwischen 2016 und 2017 ist die Zahl der Milliardäre angestiegen wie nie zuvor – alle zwei Tage kam ein neuer Milliardär hinzu. Mit 2043 Milliardären lag sie im Jahr 2017 auf einem Rekordhoch. - In nur vier Tagen verdient ein Vorstandsvorsitzender eines der fünf größten Modekonzerne so viel wie eine Näherin in Bangladesch in ihrem ganzen Leben. - Das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt weiterhin mehr Vermögen als der gesamte Rest und so weiter.

Und die Reichsten, die von Freund wie Feind beschönigend „die globale Elite“ genannt werden, reagieren, jedenfalls ihre Spinndoktoren. Zur Eröffnung des WEF wurden in diesem Jahr zwei Berichte vorgelegt: Der eine (>>> Towards a Reskilling Revolution: A Future of Jobs for All) beschwört die Gefahren der digitalen Revolution, der allein in den USA 1,4 Mio. Jobs zum Opfer fallen könnten. Doch mit einem massiven Umschulungsprogramm könnten die allermeisten wieder in Lohn und Brot gebracht werden. Der andere (>>> Inclusive Development Index2018) mahnt, dass eine einseitige Orientierung auf die Maximierung des Bruttosozialprodukts die soziale Ungleichheit verschärfen und zu sozialen Verwerfungen führen kann. So habe sich in den letzten fünf Jahren in 20 von 29 Industrieländern und in 56 von 57 Schwellen- und Entwicklungsländern die soziale Inklusion verschlechtert.

Das relativiert die rosigen Aussichten, die der IWF gestern in seinen erstmals in Davos vorgestellten Zahlen für die globalen Wachstumsaussichten zeichnet. Danach sind wir mitten im „breitesten Aufschwung“ seit 2010, mit einem Wachstum von 3,9% für dieses und nächstes Jahr. Doch der IWF wäre nicht der IWF, würde er dies nicht stets mit Hinweisen auf die weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Risiken verbinden. „Das überragende Risiko ist Selbstzufriedenheit“, sagte der Chefökonom des Fonds, Maurice Obstfeld. „Wir könnten einer Rezession näher sein, als Sie denken.“ Und Christine Lagarde, die Geschäftsführende Direktorin des IWF, goss weiteres Wasser in den Wein: „Es gibt immer noch weit zu viele Menschen, die von der Erholung außen vor gelassen werden.“ Um die Warnung anzuschließen: „Wachstum muss inklusiver sein, nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb der Länder.“

Wenn diese Frau auf die notwendigen Politiken zu sprechen kommt, klingt es schon fast wie bei Oxfam: Der Fokus müsse auf Ausbildung, neue Chancen für junge Leute und darauf gelegt werden, mehr Frauen in Arbeit zu bringen. Durch internationale Zusammenarbeit müssten gemeinsame Probleme angegangen werden, darunter der Kampf gegen die Korruption, die Verbesserung des Handelssystems und die Bekämpfung der Steuerflucht. Doch wie heißt es so treffend in Oxfams neuer Studie: „Es ist schwer, einen führenden Politiker oder Geschäftsmann zu finden, der nicht sagt, ihm mach die Ungleichheit Angst. Doch Handeln, nicht Worte, zählen, und hieran mangelt es den meisten.

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